Am 20. März 2015 bot sich für das Elbsandsteingebirge die gute Gelegenheit, eine Wanderung durch die ohnehin schon beeindruckende Natur, mit der Beobachtung des interessanten Naturphänomens einer partiellen Sonnenfinsternis zu verbinden. Die Chancen für eine ungetrübte Sicht auf das Ereignis waren nach einer recht frostigen, klaren Märznacht (-2.5°C) und einem darauf folgenden sonnigen Morgen sehr gut. Und so machten wir uns gegen 10 Uhr von Rosenthal-Bielatal auf Richtung Grenzplatte, oberhalb der an der deutsch-tschechischen Grenze gelegenen Ortschaft Ostrov. Von der auf etwa 550m Höhe gelegenen Grenzplatte bietet sich ein toller Blick in den Talkessel von Ostrov, der sehr reizvoll Umsäumt ist von zahlreichen Felsen, darunter so bekannte Klettergipfel wie Empornadel, Kaiser und Westturm. Am südlichen Ortseingang von Ostrov, unterhalb eines ehemaligen Hotels, entspringt auch die Biela, die in Ostrov zu zahlreichen kleinen Teichen angestaut wird und auf deutscher Seite bis zum Zusammenfluß mit der dürren Biela Hammerbach genannt wird. Der Name Hammerbach erinnert an die Zeit, als hier wohl die über die Eisenstraße herangeführten Eisenerze verarbeitet wurden und deshalb zahlreiche Wassermühlen bestanden. Die Übereste einer Mühle findet der aufmerksame Wanderer, der von sächsischer Seite kommend, am Ortseingang von Ostrov der Grenze einige Meter nach Rechts in den Wald bis zum Bach folgt. Hier stößt man auf die überwucherten Fundamentreste des ehemaligen »Gasthofs zur Mühle«, der in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg abgetragen wurde - diese Mühle ist nur eine, von sehr zahlreichen Mühlen des Bielatals. Im, bis zum Jahr 1503 zu Böhmen gehörenden, heute sächsischen Rosenthal findet man weitere interessante Zeugnisse der Eisenverarbeitung im Bielatal, wie etwa der historischen Hochofen Brausenstein und eine Eisengussplatte am sogenannten »Großen Gut«.
Da wir spät aufgebrochen waren und die Sonne inwzischen schon etwas “angeknappert” war, entschieden wir uns, die Finsternis schon unterhalb des Grenzwegturms zu beobachten. Ausgerüstet mit einer digitalen Kompaktkamera (Nikon Coolpix P7100) auf einem Gorillapod-Ministativ wurde über den Verlauf der Sonnenverdunkelung eine Fotoserie erstellt. Geschützt wurde die Kamera mit einer Scheibe einer Schutzbrille für autogenes Schweißen (Schutzstufe 9 nach DIN EN 0169), die mit wieder entfernbaren Powerstrips am Objektiv befestigt wurde. Leider erwies sich die Scheibe als zu schwach für die technischen Möglichkeiten der Kamera: Blende 8 und 1/2000 Sekunde Belichtungszeit ergaben ein leicht überbelichtetes Bild (die ersten 3 Aufnahmen der Gif-Animation). Für die folgenden Aufnahmen wurde deshalb noch eine Filterfolie von AstroSolar™ mit einer optischen Dichte von 5 (Extinktion) vor das Objektiv gelegt. Diese Folien, die auch für die Herstellung von Schutzbrillen zur Sonnenbeobachtung verwendet werden, lassen lediglich 1/100000 des Lichts hindurch (OD 5) - dunkeln also stark ab. Die Filterfolie alleine hätte für die Aufnahme bereits ausgereicht, vor Ort konnte ohne Werkzeug die Schweißschutz-Scheibe aber nicht entfernt werden, so daß beide Filter hintereinander geschaltet werden mußten, um eine Überbelichtung zu vermeiden. Durch die starke Dämpfung waren aber nun längere Belichtungszeiten nötig, die das windempfindliche Gorillapod-Stativ bei einigen Aufnahmen leicht zittern ließ und Unschärfe erzeugte.
Besonders interessante Aufnahmen hat übrigens der Kleinsatellit Proba-2 von der Sonnenfinsternis gemacht. Proba-2 dient der Sonnenbeobachtung und umkreist die Erde auf einem sonnensynchronen Orbit, bewegt sich also immer über der Tag-Nacht-Grenze der Erde, wie die Grafik auf dieser Seite gut demonstriert. Auf einem Video der ESA ist nun zu sehen, daß Proba-2 die Finsternis zweimal beobachten konnte. Dieses Phänomen läßt sich mit Hilfe der folgenden Animation besser verstehen.
Die obige, von der NASA angefertigte Animation zeigt, wie der Kernschatten (also die Totalitätszone) erstmals an der Tag-Nacht-Grenze im Nordatlantik auftaucht. An diesem Punkt befindet sich auch Proba-2 gegen 8:41 Uhr. Der Kernschatten wandert dann weiter Richtung Färöer-Inseln und Spitzbergen, wo die totale Verdunkelung auch vom Land aus beobachtbar war, um schließlich ca. 10:37 Uhr nahe dem Nordpol zu verschwinden. Zu diesem Zeitpunkt hat Proba-2 die Erde bereits einmal umrundet (ca. 14.5 Umrundungen pro Tag, also etwa 99 min für einen Umlauf) und ist wieder zur Stelle, um die Finsternis ein zweites Mal zu beoachten… Die Aufnahmen von Proba-2 zeigen die Sonne übrigens im extremen ultravioletten Teil des Spektrums, wodurch auch die turbulente Oberflächenstruktur und die Corona der Sonne sichtbar wird.
Im Vorfeld der partiellen Sonnenfinsternis ist in den Medien vielfach vor der Anwendung von selbstgebauten Filterlösungen gewarnt wurden. Befeuert wurden diese, penetrant wiederholten, Warnungen zusätzlich noch durch die eingetretene Verknappung von geeigneten Schutzbrillen. Auf ebay wurden Angebote zu Schutzbrillen von um die 300 Euro (!) beobachtet, die unter normalen Umständen für wenige Euro zu haben gewesen wären. Insbesondere wurde in den Medien wiederholt vor der Verwendung von Schweißerschutzbrillen und Schirmen gewarnt. Diese undifferenzierten Warnungen sind natürlich Unsinn, denn schließlich entstehen bspw. beim Lichtbogenschweißen beträchtliche UV-Emissionen. Vor denen muß der Schweißer zuverlässig geschützt werden, weshalb sich auch eine seperate DIN-Norm damit beschäftigt. Die relevante DIN EN 169 trägt den Titel »Persönlicher Augenschutz - Filter für das Schweißen und verwandte Techniken - Transmissionsanforderungen und empfohlene Anwendung«. Zum besseren Verständis sollen hier einige Fakten zusammengetragen werden:
Zuerst wird der Begriff des Transmissionsgrades , als Verhältnis der auf einen Filter auftreffenden Strahlungsintensität $I_0$ und der hindurchgelassenen Intensität $I$ eingeführt. Der Transmissionsgrad kann also Werte zwischen 0 und 1 annehmen und ist üblicherweise von der Frequenz der einfallenden Strahlung abhängig. Weiterhin definiert man noch die Extiktion oder optische Dichte $E$ als den negativen dekadischen Logarithmus des Transmissionsgrades: . Ein Filter der optischen Dichte 5 weißt also einen Transmissionsgrad von $10^{-5}$ auf.
Außerdem ist klar, daß sich der Gesamttransmissionsgrad mehrerer hintereinander angeordneter Filter durch Multiplikation der Transmissionsgrade der Einzelfilter ergibt.
Die obige Tabelle listet die Transmissionsanforderungen für Schweißerschutzfilter gemäß EN 169 auf. Aus diesen Zahlen geht hervor, dass ein Schweißschutzschirm der Schutzstufe 9 einen Lichttransmissionsgrad (Wellenlängenbereich für sichtbares Licht: 380nm…780nm) von 0.023% bis 0.061% aufweist - dies entspricht einer optischen Dichte von 3.2 bis 3.6 - wäre also für die Beobachtung der Sonne ungeeignet. Zwei hintereinander angebrachte Gläser der Schutzstufe 9 kämen aber auf eine optische Dichte von 6.4, wären also für eine sichere Beobachtung der Sonne ausreichend. Ab Schutzstufe 13 reicht ein einzelnes Glas, das der DIN EN 169 genügt aus. Das Gesagte gilt jeweils auch für den spektralen Transmissionsgrad im UV-Bereich, wie ein Blick auf die Werte der Tabelle zeigt.
Die Sonnenfinsternis vom 20.03.2015 gehört zum Saros-Zyklus mit der Nummer 120, die nächste Finsternis dieses Zyklus ist also reichlich 18 Jahre später, genauer am 30. März 2033, zu beobachten. Da aufeinander folgende Finsternisse eines Zyklus um jeweils ca. 113° nach Westen wandern, ist die Folgefinsternis nur in Nordamerika zu beobachten. Die nächste in Mitteleuropa anstehende, hier ebenfalls nur partiell sichtbare Sonnenfinsternis steht am 10.06.2021 an. Der Überdeckungsgrad dieser Finsternis ist aber viel geringer als bei jener vom 20.03.2015. Die Periode des Saros-Zyklus ist schon seit der Antike bekannt, so war ein auf dieser Periode basierender Finsterniskalender auch auf dem Mechanismus von Antikythera aufgebracht, dieses 1900 gefundene Gerät stammt aus dem Jahre 205 v. Christus!